LagenCup Weiß 2020
Ergebnisse - Sonderkategorie Restsüß
Die 10-köpfige Jury des Berliner LagenCups, bestehend aus Weinjournalisten und Top-Sommeliers, schloss sich freiwillig sechs Tage in Berlin ein, um die angestellten Weine zu verkosten und zu bewerten. Mehr als 200 Top-Weingüter des Landes meldeten 700 Lagenweine beim diesjährigen LagenCup Weiß 2020 an. Aufgeteilt in zwei 5er Teams, verkostete die Jury die Lagenweine blind und nach dem 100-Punkte-Schema.
LAGENCUP Weiß 2020
Die besten Weißweine
Deutschlands wurden gekürt
Zum ersten Mal durften beim LagenCup restsüße Weine mit Prädikat angemeldet werden. Es wurden aus vielen Anbaugebieten Deutschlands hervorragende Süßweine angestellt. Vom klassischen, frischen und leicht restsüßem Kabinett, über tolle edelsüße Auslesen bis hin zu Trockenbeerenauslesen wurden verkostet und bewertet.
Die besten Prädikatsweine
Bester Kabinett
2019 Zeller Karlspfad, Riesling Kabinett, Weingut Schwedhelm, PFALZ
Rieslinge mit Restsüße der Prädikatsstufe Kabinett waren einst eine Domäne der nördlichen deutschen Anbaugebiete. Was daran lag, dass die Trauben schlicht nicht reif genug wurden, um sie zu schmackhaften Weinen trocken zu vergären. Mit der Klimaerwärmung hat sich diese Situation nun drastisch verändert. Umso erstaunlicher, dass in letzter Zeit auch immer häufiger leichtfüßige restsüße Rieslinge aus südlichen Regionen auf sich aufmerksam machen. Im nördlichsten Bereich der Pfalz, im Zellertal, ist das Weingut Schwedhelm zuhause. Vergleichsweise kühle Bedingungen reichen dabei für filigrane Weine aber bei Weitem noch nicht aus. Die Brüder Schwedhelm verwenden besonderes Augenmerk auf Auswahl der Lagen, Laubwandarbeiten und Zeitpunkt der Lese. Ein Patenrezept gibt es dabei nicht. Vielmehr gilt es, den Vegetationsverlauf in jedem Jahr genau zu beobachten. Er gibt die Marschrichtung vor. Den 2019er Kabinett aus dem Zeller Karlspfad derart filigran auf die Flasche zu bringen, muss einer Sisyphusarbeit geglichen haben. Denn heiße und trockene Jahre wie 2019 sind nicht gerade ein Garant für feinfruchtige Tropfen. Umso überraschter zeigten sich die Verkoster von diesem Kabinett, dem sie einen »feinsaftigen und -würzigen Duft« attestierten und einen Geschmack goutierten, bei dem sie nicht sicher waren, ob der an die Mosel oder den Rheingau erinnert. Die Pfalz hatte jedenfalls niemand auf dem Schirm. (92 Punkte)
Beste Spätlese
2018 »Jubiläum« Hattenheimer Pfaffenberg, Riesling Spätlese, Domänenweingut Schloss Schönborn, RHEINGAU
»Minze, Grapefruit, Würze, komplex und changierend. Am Gaumen zupackend und wunderbar süffig, phenolische Kontur, sehr ansprechend.« So lautet zusammenfassend das Urteil der Jury für die Spätlese aus dem 2018er Hattenheimer Pfaffenberg. Dabei handelt es sich um eine ummauerte Hanglage mit tiefgründigen Lehm-Löss-Böden, die sich im Alleinbesitz des Domänenweinguts Schloss Schönborn befindet. Da der Weinberg nach Süden und dem Rhein zugewandt ist, wärmt er sich vergleichsweise früh und nachhaltig auf. Was insbesondere im Kontext der aktuellen Klimaentwicklung nicht unbedingt immer vorteilhaft ist. Nicht gering genug darf also die Leistung eingeschätzt werden, die das Team von Schönborn im heißen Jahr 2018 in diesem »Clos« geleistet hat. Die Oechslegrade für eine Spätlese zu erreichen, bedurfte es keines menschlichen Eingriffs. Dafür sorgte das Klima ganz von allein. Andersherum wurde ein Schuh daraus: Die Trauben sollten reif, aber eben auch nicht zu reif und die Säuren bewahrt werden. Bei dieser generösen Spätlese ist das ausgezeichnet gelungen. Zur Wiedervorlage in 20 Jahren. (94 Punkte)
Beste Auslese
2015 Hattenheimer Nussbrunnen, Riesling Auslese, Weingut August Eser, RHEINGAU
Per Definition sollte eine Auslese stets aus sehr reifen, aber nicht edelfaulen Trauben bereitet werden. Dabei steht es jedoch jedem Winzer frei, eine Prädikatsstufe herabzustufen, indem er etwa eine nominelle Auslese zur Spätlese »degradiert«. Wenn die Juroren bei Esers 2015er Auslese aus dem Nussbrunnen »kaum Botrytis« wahrgenommen haben, liegt der Verdacht nahe, dass es das Weingut mit der Prädikatsstufe Auslese sehr ernst genommen haben muss. Die Verkoster notierten einen Aromareigen, der sich vom »roten süßen Apfel« bis zum »Bratapfel« bis hinüber zu »Orange und Mandarine« zieht. Was ein Juror im Sinn hatte, als er »famose Süße« notierte, müssen wir an dieser Stelle seinem Geschmack überlassen, was sicherlich aber als eine absolute Empfehlung gemeint war. Schließlich ist keine Süße eine Delikatesse wert, wenn sie ganz allein dasteht. Das ist es unter anderem auch, was einen vermeintlich süßen Riesling ausmacht: Eine unvergleichliche Balance aus Süße und Säure, die eben nicht nur süß schmeckt, sondern nebst seiner besonderen Würze einen ganz besonderen, einzigartigen Geschmack erzeugt. Der 2015er Nussbrunnen von Eser ist dafür ein Musterbeispiel. Dass er uns mit rund fünf Jahren Reife präsentiert wurde, untermauert seine köstliche Güte – und sein gewaltiges Potenzial. (94 Punkte)
Beste Beerenauslese
2010 »Rosa-Goldlack« Schloss Johannisberger, Riesling Beerenauslese, Weingut Schloss Johannisberg, RHEINGAU
»So einen vorzüglichen Wein habe ich noch nicht erlebt.« Wer kennt ihn nicht, diesen berühmten Ausspruch, der am 10. April 1776 über die Zunge des damaligen Verwalters der Domäne Schloss Johannisberg, Johann Michael Engert, ging. Wiewohl bereits vorher Wein aus edelfaulen Trauben erzeugt wurde, gilt dieses Datum bis heute als die Geburtsstunde edelsüßer Kreszenzen in Deutschland. Sie war einem Zufall geschuldet, weil sich der Kurier mit der Leseerlaubnis um einige Tage verspätete und die Trauben in dieser Zeit von einem Pilz befallen wurde, der für ihre Konzentration sorgte. Botrytis Cinerea ist bis heute für den köstlichen Geschmack wie etwa einer Beerenauslese verantwortlich. Auf Schloss Johannisberg entstehen bisweilen Deutschlands edelste Vertreter. Beim 2010er »Rosa-Goldlack« schwärmte die Jury von einem »deliziösen Spannungsbogen aus Süße und Säure« und fand beim Zitieren heimischer und exotischer Früchte fast kein Ende. Die Frage, wann dieser köstliche Tropfen zu seiner vollkommenen Reife gelangen würde, konnte nicht abschließend beantwortet werden. Ein Juror notierte: »Ein Riesling-Denkmal, das uns lange überdauern wird.« (96 Punkte)
Beste Trockenbeerenauslese
2018 Iphöfer Kalb, Gewürztraminer Trockenbeerenauslese, Weingut Hans Wirsching, FRANKEN
Als »große Kunst« beschrieb ein Verkoster diesen höchst delikaten Gewürztraminer. Der kam im Gewand einer Trockenbeerenauslese (TBA) daher, was insofern bemerkenswert ist, da Weine dieser edelsüßen Prädikatsstufe meist nur noch wenig Sortencharakter aufweisen, viel öfter von Honig-, Karamell- und Trockenfrucht-Aromen geprägt werden. Die TBA von Wirsching indes offenbart einen Gewürztraminer wie unter dem Brennglas: Eine exquisite Offenbarung aus hochkonzentriertem Rosenwasser, Litschi und eingelegten Holunderblüten. Anders als etwas bei einer Beerenauslese spielt die Edelfäule bei einer TBA bestenfalls eine untergeordnete Rolle, weil die Beeren bei trockener und warmer Witterung quasi am Stock – und ohne den Einfluss des Pilzes – zu Rosinen schrumpfen. Die Saftausbeute fällt bei solcherlei Trockenfrüchten naturgemäß homöopathisch aus, ist jedoch derart stark konzentriert, dass bei der Vergärung selten mehr als sieben Volumenprozent Alkohol zu Buche schlagen. Wirschings liegt bei rund sechseinhalb. Guter Durchschnitt also. Da die Trauben des Gewürztraminers in der Regel nur wenig Säuren ausbilden, sind rund zehn Promille bei der TBA von Wirsching aber spektakulär und sorgen für eine atemberaubende Frische am Gaumen. Anders als dekadent lässt es sich nicht in Worte fassen: Nie war eine Trockenbeerenauslese aus Gewürztraminer verlockender, geiler, köstlicher und ja: süffiger.
(95 Punkte)
Bester Eiswein
2018 Alsenzer Elkersberg, Riesling Eiswein, Weingut Hahnmühle, NAHE
Die Weine der Hahnmühle an der Nahe fliegen noch immer etwas unter dem Radar in der Weinszene. Zu Unrecht! Seit 100 Jahren betreibt die Familie Linxweiler im kleinen Mannweiler-Cölln Weinbau. Das Weingut ist vom Verband »Naturland« Bio-zertifiziert und legt seinen Schwerpunkt auf den Riesling. Die besten Weine entstammen der kargen und schiefrigen Hanglage Alsenzer Elkersberg, die über viele Jahre brachlag und von Linxweiler rekultiviert wurde. Ihre herausragenden Gewächse dieses vergessenen Weinbergs betiteln die Linxweilers mit »Alisencia«. Beim Eiswein haben sie offenbar eine Ausnahme gemacht und stellen seine kleinste Herkunft in den Vordergrund. Und die hat er sich redlich verdient. Das ist ein Eiswein von seltener Brillanz. Nicht einen Hauch von Botrytis konnte die Jury in ihm ausmachen. »Super-sauber, wunderbar-geradlinig und dabei doch hochkonzentriert« notierte ein Verkoster. Was vermeintlich nüchtern klingt, ist vermutlich seiner Wahrnehmung geschuldet: Denn Eisweine sind nicht selten fett und honigsüß. Der Alsenzer Elkersberg rollt geradewegs leichtfüßig über den Gaumen und bleibt dennoch eine kleine Ewigkeit am Gaumen haften. Grandios!
(93 Punkte)